Hugo Häring. Projektbezogene Pläne und Zeichnungen
Hugo Häring (1882-1958) zählt zu den bedeutendsten Architekten des Neuen Bauens in Deutschland. Der vollständig im Archiv der Akademie der Künste vorliegende Nachlass dokumentiert sein umfangreiches Schaffen und bietet wichtige Ansätze zu Forschungen über hochaktuelle städtebauliche und architektonische Themen. Häring gehörte zu den führenden Architekten, die sich in Vereinigungen wie etwa dem „Ring“, den er zusammen mit Mies van der Rohe begründete und dessen Sekretär er war, oder den CIAM (Congrès Internationaux d’Architecture Moderne), deren Gründungsmitglied er ebenfalls war, zusammenschlossen. Ihr Ziel war die Entwicklung einer zeitgemäßen Stadtplanung und Architektur, die den gewandelten wirtschaftlichen und sozialen Strukturen der Gesellschaft Rechnung tragen sollten. Als vehementer Kritiker eines als einseitig verstandenen Funktionalismus jedoch wandte sich Häring von den zunehmend am industriellen Bauen interessierten Vertretern ab und entwickelte eine eigene Form des „organischen Funktionalismus“, der sein gesamtes Werk durchzog. Dem Architekten war es – wie zahlreiche erhaltene Studien zeigen – um den Menschen und seine unmittelbaren Bedürfnisse sowie um das harmonische Verhältnis des Menschen mit der Natur zu tun. Er war ein Vordenker einer humanistischen Architektur der Moderne und wichtiger Wegbereiter vieler berühmter Architekten – unter ihnen Hans Scharoun.
Biografie
Hugo Häring wurde am 22.5.1882 in Biberach an der Riß geboren und starb am 17.5.1958 in Göppingen. Er beendete sein 1899 begonnenes Architekturstudium an der Technischen Hochschule Stuttgart 1903 (1901/02 Gastsemester an der Technischen Hochschule Dresden). Von 1903 an als selbstständiger Architekt zunächst in Ulm tätig, siedelte er 1904 nach Hamburg um, wo er bis 1915 – mit einer zweijährigen Unterbrechung um 1907/08 – weiterhin als Architekt und 1905-1907 zugleich als Lehrer an der Kunstgewerbeschule Hamburg tätig war. Nach dem 1. Weltkrieg (Einberufung 1916) stand bis 1921 der Wiederaufbau in Ostpreußen im Zentrum seiner Arbeit, danach zog Häring nach Berlin. Hier beteiligte er sich in der Folge an mehreren wichtigen Ausstellungen, Wettbewerben und Ausführungen für die Großsiedlungen in Berlin und engagierte sich in diversen Vereinigungen. 1935 übernahm er die Leitung der 1902 gegründeten Reimann-Schule in Berlin, die er bis 1943 unter dem Namen „Kunst und Werk“ führte. 1939 wurde er durch die Nationalsozialisten aus der Reichskammer der bildenden Künstler ausgeschlossen. Mit seinem Ansatz der „organhaften“ Architektur hatte Häring nach 1933 keine Aussichten auf die Verwirklichung vieler seiner Entwürfe. Er wandte sich daher verstärkter als ohnehin schon der Theorie zu und verfasste zahlreiche programmatische Texte. 1943 in seine Heimatstadt Biberach zurückgekehrt, übernahm Häring 1945/46 die Leitung der Planungskommission für Südwürttemberg. Auf Vermittlung von Werner Hebebrand erhielt Häring 1953 einen Vertrag mit der Stadt Hamburg für eine theoretische Arbeit zu Gestaltfragen der europäischen Städte und beschäftigte sich auch noch bis zu seinem Tod mit dieser Thematik.
Archiv und Sammlung
Aus Härings gesamtem architektonischem Schaffen – Städtebau, Bauten, Interieurs und Möbel – haben sich rund 1700 Entwurfs- und Ausführungspläne zu annähernd 200 Einzelprojekten in unterschiedlicher Überlieferungsdichte erhalten. Dazu kommen zahlreiche theoretische Abhandlungen, insbesondere die Manuskripte zu seinem nicht fertiggestellten Werk „Die Ausbildung des Geistes zur Arbeit an der Gestalt“ sowie Korrespondenzen. Der Nachlass gehört zum Kernbestand des Baukunstarchivs und bildet zusammen mit den Nachlässen von Hans Scharoun, den Brüdern Luckhardt (mit Alfons Anker), Max und Bruno Taut zugleich die weltweit umfassendste und bedeutendste Sammlung aus der Zeit des Expressionismus.
Bestandsgeschichte
Hugo Häring war Gründungsmitglied der Akademie der Künste in Berlin-West (1955). Nach seinem Tod 1958 wurde das umfangreiche Planmaterial zusammen mit 10,5 Metern Schriftgut und Fotografien, sechs Modellen und fünf Metern Nachlassbibliothek in mehreren Zugängen (1958, 1961, 1965, 1996, 2001, 2006 und 2011) von den Nachfahren dem Baukunstarchiv der Akademie der Künste übergeben.
Zitierweise
Akademie der Künste [AdK], Berlin, Hugo-Häring-Archiv, © VG Bild-Kunst, Bonn
Förderung
Die Digitalisierung und die Online-Präsentation wurden gefördert durch die Kulturverwaltung des Landes Berlin und unterstützt von der Servicestelle Digitalisierung Berlin (digiS).